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Photovoltaik – maritime Anwendungen

Lesedauer 6 Minuten

Aktualisiert – April 24, 2024

Photovoltaik ist auch für maritime Anwendungen, sprich, auf Motorboten und Segelyachten, sogar Seekayaks einsetzbar, denn Strom kann man immer und überall gebrauchen.

Für den marinen Zweck wurden spezielle, begehbare und flexible Solarmodule entwickelt. Auf Grund vergleichsweise geringerer Produktions-Stückzahlen zeichnen sie sich leider durch einen höheren Preis, als herkömmliche Module aus, wie sie auf Wohnmobilen, etc. zum Einsatz kommen.

Abstand nehmen sollte man von vermeintlich besonders günstigen Angeboten, denn hier zahlt man i.d.R. doppelt, spätestens, wenn man die Module wegen Defektes tauschen muss. Dies ist insbesondere bei vollflächig verklebten Modulen ein größeres Ärgernis.

Gut beraten ist man, wenn man auf die marine Anwendungs-Spezifikation achtet und sich hinsichtlich weiterer Komponenten auf namhafte Hersteller beschränkt. Diese sind, trotz höherer Produktionszahlen zwar auch teurer als das Super-Sonder-Angebot um die Ecke, bieten aber dafür solide Qualität und Service auf nahezu allen Kontinenten der Erde.

Leistungs-Bedarfs-Ermittlung

Welche Leistung letztlich den eigenen Bedarf deckt, ist sehr individuell. Je mehr Technik stromhungrig, je weniger man überwiegend in sonnigen Gefilden unterwegs ist, desto höher die erforderliche Modul-Leistung in Einheit mit zunehmender Modul-Anzahl.

Da sich schon viele Freizeit-Kapitäne Gedanken hierzu gemacht haben, braucht man das Bedarfs-„Rad“ nicht neu erfinden und kann sich z.B. folgender Aufstellung bedienen, die den Großteil möglicher Verbraucher abdeckt und, um die tatsächlichen Verbrauchsdaten aktualisiert, den Tages-Bedarf ausgibt.

Die gelb hinterlegten Felder sind editierbar. Hier werden die eigenen Verbraucher und Daten eingetragen. Meist findet man die benötigten Verbrauchsdaten auf den Typenschildern der jeweiligen Geräte oder den zugehörigen Handbüchern unter „Technische Daten“.

Bitte zuerst die Bordspannung durch Klick auf die „24“ wählen. Es erscheint eine Auswahl zwischen 12 und 24 Volt.

Danach die Verbraucherdaten (Watt, Anzahl und durchschnittliche Betriebsstunden) eintragen.

Im unteren Abschnitt können die x-Einträge mit eigenen Verbraucher-Bezeichnungen überschrieben und die zugehörigen Daten aufgenommen werden.

Alle Leistungsdaten werden oben in der grünen Zeile aufaddiert und in Ah wiedergegeben. Dieser Wert stellt den ermittelten Tages-Leistungsbedarf dar.

Die Tabelle kann über die folgenden beiden Schaltflächen bei Bedarf als PDF gespeichert oder ausgedruckt werden.

Platz-Bedarfs-Ermittlung – PV-Module

Entsprechend der gegebenen Platzverhältnisse gilt es zunächst möglichst ebene Flächen zu finden, auf denen die flexiblen, begehbaren PV-Module aufgebracht werden können.

Das Attribut „begehbar“ sollte hier nicht wortwörtlich genommen werden, da durch Staub verursachte Kratzer in der Oberfläche der Module Spuren hinterlassen, die letztlich in Summe zu einer Beeinträchtigung der Leistung und Haltbarkeit führen.

Somit sind üblicherweise nicht fußläufig frequentierte Flächen zu bevorzugen, die eine überwiegend senkrechte Sonneneinstrahlung gewährleisten und – natürlich – möglichst frei von häufiger Verschattung sind. Auch Segel führen naturgemäß zu Verschattungseffekten.

Bei der Wahl der künftigen Montageflächen der PV-Module ist auch die Kabelführung zu den MPPT-Reglern und damit verbunden notwendige Kabeldurchführungen zu berücksichtigen.

Platz-Bedarfs-Ermittlung – Technik

Die von den PV-Modulen gelieferte Spannung von (einzeln) etwa 20 V, bzw. seriell gesachaltet 24 V, wird über MPPT-Regler an die 12 oder 24 Volt Bordspannung angepasst.

MPPT-Regler können Verschattungen teilweise kompensieren, jedoch nie voll ausgleichen. Der Einsatz mehrerer MPPT-Regler ist, neben der dadurch gegebenen Redundanz, ein zwar kostenträchtigerer Ansatz, dafür aber um so wirkungsvoller.
Ein verschattetes Panel zieht damit nicht als „Verbraucher“ das noch von der Sonne Beschienene, – am selben MPPT-Regler angeschlossen -, in der Leistung runter.

Der MPPT-Regler von Victron SmartSolar MPPT 75/10 – zu rund 80,- Euro – hat eine Leistung von 145 W bei 12 V (290 W bei 24 V) bei sehr geringen Abmessungen von nur 100(H) x 113(B) x 40(T) mm und ist für ein PV-Modul mit bis zu 120 W prädestiniert. Die Type SmartSolar MPPT 100/15 ist, bei identischen Abmessungen, sogar für Leistungen bis 220 W bei 12 V (440 W bei 24 V) ausgelegt und mit etwa 100,- Euro ebenfalls sehr preisgünstig.

Die Ausführung SmartSolar beinhaltet bereits eine Bluetooth-Konnektivität, mittels derer alle Leistungsdaten auf der zugehörigen Handy-App dargestellt und grafisch visualisiert werden können. BlueSolar-Varianten besitzen KEINE BT-Funktionalität!

12 V oder 24 V?

Ob 12 V oder 24 V MPPT-Regler benötigt werden gibt das vorhandene Bordnetz, bzw. die Verschaltung der PV-Module (in Serie oder parallel) vor.

Bei 24 V MPPT-Reglern wird man jedoch die Startspannung mit einem einzigen PV-Modul nicht erreichen.

Ein Modul, das 19,8 V liefert, korreliert zwar mit der notwendigen Eingangsspannung eines 12 V MPPT-Regler (VBatt + 5V = 17 V), nicht aber mit der eines 24 V MPPT-Reglers, der mindestens 24 +5 = 29 V benötigt, um seine Arbeit aufzunehmen.

Bei Einsatz eines 24 V MPPT-Reglers müssen daher zwei 19,8 V liefernde PV-Module in Serie geschaltet werden, um mit 19,8 + 19,8 = 39,6 V den MPPT-Regler zu starten.

Batterie-Typen

An Bord befindet sich i.d.R. eine AGM-Batterie, die seitens der Lichtmaschine bei Motorfahrt geladen wird. MPPT-Regler besitzen die Möglichkeit, an verschiedene Batterie-Typen angepasst zu werden.

LiFePo4-Batterien zeichnen sich durch sehr hohe Ladedichte und konstante Spannungsabgabe bis kurz vor die Entladeschluss-Spannung aus. Sie benötigen allerdings im Vergleich zur AGM-Batterie eine andere Ladecharakteristik, weshalb sie nicht direkt an eine Lichtmaschine angeschlossen werden dürfen.

Nun stellt sich die Frage, ob man die AGM(Starter)-Batterie nicht ausschließlich zum Starten nutzt und die restliche Bord-Technik über zusätzliche LiFePo4-Batterien versorgt. Dies würde sicherstellen, dass die Starter-.Batterie stets in einem geladenen Zustand befindlich ist (z.B. durch einen eigenen Victron Orion-Tr Smart DCDC-Ladebooster* seitens der PV-Batterien geladen).
Umgekehrt lässt sich mittels eines weiteren Ladeboosters über die Lichtmaschine auch die LiFePo4-Batterie laden.

Zudem sind LiFePo4-Batterien gut ein Drittel leichter und kompakter als, insbesondere hinsichtlich Kapazität, vergleichbare AGM-Batterien, – aber teurer. Dennoch lohnt die Überlegung …

Weiteres zu diesem Thema ist in diesem Beitrag ausführlich beschrieben.

Laden von Batterie zu Batterie*

Ein DCDC-Ladebooster (galvanisch getrennt / isoliert) – erlaubt den eingangsseitigen Anschluss einer beliebigen Spannungsquelle (z.B. Lichtmaschine oder Batterie, z.B. LiFePo4), an eine andersartige Batterie (z.B. AGM), um diese zu laden.

Neben der reinen Ladefunktion gleicht ein Ladebooster Spannungsverluste auf der Eingangsseite aus. Entsprechend soll er nahe der zu ladenden Batterie(n) verbaut werden, um die ausgangsseitigen Kabelverluste so gering als möglich zu halten.

Die Ausgangsspannung eines Ladeboosters ist in einem weiteren Bereich (10 .. 15, bzw. 20 .. 30 V) einstellbar.

Verkabelung

Die Kabel üblicher Flex-PV-Module sind in 4 mm2 ausgeführt. Je ein Kabel für Plus, eins für Minus, muss an den Eingang eines MPPT-Reglers angeschlossen werden. Sie sind flexibel, jedoch nicht hochflexibel wie z.B. Messleitung, erlauben dennoch relativ enge Verlegeradien und einen Direktanschluss abisolierter Kabelenden an die Schraubklemmen eines MPPT-Reglers.
Wer Aderendhülsen spendiert, wird mit einem besonders sicheren Verbindung und zudem optisch ansprechenderen Anschlussbild belohnt.

Ein DCDC-Ladebooster ist hinsichtlich der Kabelquerschnitte anspruchsvoller: bei bis zu 60 A Kurzschluss-Strom sollte der Querschnitt schon wenigstens 10 mm2 betragen. In obiger Tabelle ist hier die DC-Spalte maßgeblich. Die Querschnitte wurden für 12 V berechnet. Bei 24 V-Systemen ergeben sich hälftige Ströme, mithin lediglich 6 mm2.

Hier kann der notwendige Querschnitt von Kupferkabeln für DC-Anwendungen berechnet werden, ebenso der Spannungsabfall. Die gelben Felder sind editierbar. Bitte auf korrekte Schreibweise achten: 2.5 statt 2,5 eingeben!

Je dicker das Kabel, desto geringer die Verluste. Es schadet also nie, dickere Kabel zu verlegen als erforderlich. Denn, meist wird im Laufe der Zeit noch erweitert und die heute noch als moderat ermittelte Last weicht u.U. schnell einer deutlich höheren. Und, wer möchte schon die Basis-Verkabelung neu installieren, nur, weil es plötzlich eng wird mit den Strömen?!

Kabelschuhe sind bei höheren Strömen Pflicht, um Wackelkontakten und ungleichmäßiger Stromübertragung an Verbindungspunkten wirksam zu begegnen. Ja, auch das nötige Crimp-Werkzeug ist kostentechnisch einzukalkulieren, wenn man nicht den Elektriker seines Vertrauens um das eine oder andere Werkzeug zur leihweisen Überlassung bitten kann.

Schraubverbindungen müssen immer FEST sein, um erhöhte Widerstände, daraus resultierender Erhitzung der Kontaktstelle und möglicher Brandursache vorzubeugen.
Mitunter sind Anzugsdrehmomente bei Geräten vermerkt. Diese können mit geeigneten Drehmomentschlüsseln eingehalten werden.

Schaltbeispiel für 12 V und 24 V

Hier die schematische Darstellung einer Installation für 12 V:

bzw. für 24 V Bordnetz (Starter-Batterie / Lichtmaschine 12 V):

Batterie-Wahl

Nachdem aus obiger tabellarischer Aufstellung der Verbraucher und Lasten hervorgehen, ist nun die erforderliche Mindestkapazität der Batterien bekannt und es gilt, Batterien zu finden, die eine gute Qualität und eine hohe Ladezyklen-Anzahl aufweisen.

Auf einschlägigen Portalen finden sich zunächst preiswert erscheinende Angebote fernöstlicher Direktlieferanten. Hier ist zu bedenken, dass Garantieansprüche schwieriger als gegenüber inländischen Anbietern durchzusetzen sein werden. Zu berücksichtigen sind weiter z.T. sehr hohe Versandkosten, sowie Zoll-Gebühren.

Bis jetzt hat es sich stets als kostengünstiger erwiesen, von hiesige Händlern zu beziehen.

Wichtig ist, Batterien eines Herstellers zu wählen, der bereits viele Jahre auf dem Markt ist, große Mengen herstellt und eine hohe Personaldichte aufweist. EVE-Batterien sind momentan anscheinend mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis ausgestattet.

Die bereits erwähnte Zyklenzahl ist stets auf einen Entlade-Prozentsatz bezogen. So sind 6.000 Zyklen mit 60 % Entladetiefe schlechter zu bewerten, als 6.000 Zyklen mit 80 %. Hier ist genaues Studium der Datenblätter angeraten. Falls diese Angaben fehlen, sollte der Händler kontaktiert und um entsprechende Datenblätter gebeten werden.

p.s. Wer persönliche Unterstützung in der Umsetzung gegen Entgelt benötigt, kann gern eine Buchung vornehmen!

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