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Monoklonale Antikörper (MAK) wurden erstmals mittels sog. Hybridom Technik von G. Köhler und C. Milstein hergestellt und in der Zeitschrift Nature 1975 publiziert.
Sie sind immer gegen ein Epitop (Struktur, gegen die im Zuge einer adaptiven Immunantwort Antikörper oder T-Zell-Rezeptoren gebildet werden, bzw. molekulare Strukturen, Molekülabschnitte eines Antigens, die eine erworbene Immunantwort auslösen können) gerichtet. Oder: von identischen Immunzellen gebildete Antikörper, die gegen eine spezifische Substanz gerichtet, diese identifizieren und binden.
Herstellung
Hergestellt werden sie aus einer B-Zelle (B-Lymphozyten; B hergeleitet von Bursa fabricii, einem Vogelorgan, in dem B-Lymphozyten erstmals beschrieben wurden). Es sind die einzige Zellen des Körpers, die Antikörper ausschüttende Plasmazellen bilden können. Damit sind sie zusammen mit den T-Lymphozyten ein entscheidenden Bestandteil des adaptiven Immunsystems.
Der erste therapeutisch, zur Verhinderung von Abstoßungsreaktionen nach Nieren-, Herz- und Lebertransplantationen, eingesetzte Antikörper war 1986 Muromonab-CD3 (mon -Y monoclonal, ab -> anti body). Es bindet spezifisch an das CD3-Oberflächenantigen von T-Lymphozyten und unterbricht damit die Immunantwort (Abstoßungsreaktion).
Nomenklatur
Die Nomenklatur der Präparatenamen, seitens der WHO 1950 im Rahmen des Systems internationaler Freinamen (International Nonproprietary Name – INN) begründet und 1953 publiziert. Der Wortstamm –mab steht für monoclonal anti body und wurde 1990 erstmals vorgeschlagen und nachfolgend 1991 – 1993 das heutige System entwickelt. Gegend Ende 2008 überarbeitete die WHO die Nomenklatur, aus der seit 2009 auch der Wirkungsbereich und Ursprungsorganismus des Antikörpers hervorgehen.
Die Sequenz der Silben ist wie folgt definiert: Präfix + Wirkungsbereich + Ursprungsorganismus + Wortstamm
Beispielsweise leitet sich aus dem Präparatenamen Tezepelumab aus den Wortbestandteilen –l, –u und –mab ab, dass es sich um ein Medikament mit einem Wirkungsbereich Immunsystem, human als Ursprungsort des Antikörpers und monoclonal anti body handelt. Tezepe stellt das frei wählbare Präfix des Handelsnamens dar.
Wirkungsweise
Die Wirkungsweise unterscheidet sich bei allen MAK lediglich durch das Epitop, gegen das es sich richtet. Wie Muromonab-CD3 die Transplantat-Abstoßungsreaktion verringerte, so neutralisiert Tezepelumab als Antikörper vom IgG2-Typ (Immunglobulin G2) das Zytokin (Zytokine sind eine inhomogene Gruppe regulatorischer Peptide oder Proteine, die für die interzelluläre Signalübertragung verantwortlich sind und deren Proliferation (Wachstum) und Differenzierung steuern. Sie werden u.a. von Makrophagen, B-Lymphozyten, T-Lymphozyten, natürlichen Killerzellen (NKs), sowie Fibroblasten gebildet.) TSLP (Thymic Stromal LymphoPoietin).
TSLP wird in Haut- und Schleimhautepithelien (Zellen von Gewebeschichten ähnlicher Bauart und Funktion) gebildet, so auch im Lungenepithel.
IgG2-Mangel führt zu gehäuft Infektionen mit bekapselten Bakterien der oberen und tiefen Atemwege, sowie Autoimmun-Erkrankungen und -Thrombozytopenie. Bei Kindern wurden kombinierte IgG2/IgG4-Mangelsyndrome beobachtet. Ursächlich für IgG2-Mangel (Norm: Serumkonzentration 14 – 20 %, 115 – 570 mg/dl) kann eine gestörte IFNγ-Synthese sein. IFNγ ist antiviral, antitumoral und immunstimulierend.
Asthma wird durch allergische, wie nicht-allergische Auslösefaktoren hervorgerufen, die eine Produktion von TSLP anstoßen. TSLP dient damit der Auslösung einer Immunreaktion, indem antigenpräsentierende Zellen ausgeschüttet werden, die in Folge zu Entzündungsreaktionen führen.
Tezepelumab greift zu einem frühen Zeitpunkt in das entzündliche Geschehen ein, indem er TSLP neutralisiert und die Konzentration von eosinophilen Granulozyten und FeNO (Fraktioniertes exhaliertes Stickstoffmonoxid (NO); Biomarker zur Diagnose und Verlaufskontrolle des Asthma bronchiale), sowie IL-5, IL-13 binnen zwei Wochen dauerhaft senkt. Die Serum IG-E-Reduktion vollzog sich langsamer. Nach vier Wochen war die Eosinophilenzahl in der Submukosa um 89%, unabhängig von den Entzündungsbiomarkern, reduziert.
Pharmakokinetik
Tezepelumab weist eine Bioverfügbarkeit von etwa 77% unabhängig vom Injektionsort, ein Verteilungsvolumen zentral von 3,9, peripher von 2,2 Liter bezogen auf eine 70 kg wiegende Person*, sowie eine Eliminations-Halbwertszeit von 26 Tagen auf. Die Verstoffwechselung erfolgt über proteolytische Enzyme, nicht von Leber-Enzymen.
Nach 3 – 10 Tagen wird die maximale Serum-Konzentration erreicht.
Die Clearance erfolgt mit 0,17 Liter/Tag*.
Dosierung
Tezepelumab wird subkutan (Oberarm, Bauch oder Oberschenkel) zu 210 mg alle vier Wochen ein Jahr lang verabreicht. Eine Kontrolluntersuchung zum Zyklusende entscheidet über eine Forstsetzung der Therapie.
Während der Therapie mit Tezepelumab wird eine ggf. laufende Kortikoidtherapie fortgesetzt, bzw. kontrolliert herabgesetzt. Ein abruptes Absetzen ist kontraindiziert.
Nebenwirkungen
(häufig (≥1/100, <1/10)
Überempfindlichkeitsreaktionen (Auftreten binnen Stunden bis einiger Tage nach Injektion):
- Anaphylaxie (Absetzen der Therapie)
- Arthralgie (Gelenkschmerz, 3,8 %)
- Pharyngitis (Rachenentzündung, 4,1 %)
Pharyngitis, bakterielle Pharyngitis, Streptokokken-Pharyngitis und virale Pharyngitis - Exanthem
(Hautausschlag, erythematöser Hautausschlag, makulopapulöser Hautausschlag, makulöser Hautausschlag) - Beschwerden am Verabreichungsort
Studien
Tezepelumab wurde in den Studiem PATHWAY (04.02.2014, Update 04.12.2018) und NAVIGATOR (20.11.2017, Update 26.11.2021) randomisiert, doppelt verblindet, placebokontrolliert in parallelen Gruppen durchgeführt.
PATHWAY war eine 52-wöchige Exazerbationsstudie, in die 550 Patienten (ab 18 Jahren) mit schwerem, unkontrolliertem Asthma eingeschlossen wurden und die eine Behandlung mit Tezepelumab 70 mg subkutan Q4W, Tezepelumab 210 mg subkutan Q4W, Tezepelumab 280 mg subkutan Q2W oder Placebo erhielten. Die Patienten mussten in den vorangegangenen 12 Monaten mindestens 2 Asthma-Exazerbationen gehabt haben, die eine Behandlung mit oralen oder systemischen Kortikosteroiden erforderten, oder eine Asthma-Exazerbation, die zu einer Hospitalisierung führte.*
NAVIGATOR war eine 52-wöchige Exazerbationsstudie, in die insgesamt 1061 Patienten
(Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren) mit schwerem, unkontrolliertem Asthma eingeschlossen
wurden und die eine Behandlung mit Tezepelumab 210 mg subkutan Q4W oder Placebo erhielten. Die
Patienten mussten in den vorangegangenen 12 Monaten mindestens 2 Asthma-Exazerbationen gehabt
haben, die eine Behandlung mit oralen oder systemischen Kortikosteroiden erforderten oder zu einer
Hospitalisierung führten.*
Sowohl in den (Phase-3-Studien) PATHWAY als auch in NAVIGATOR mussten die Patienten beim Screening einen ACQ6-Score (Asthma Control Questionnaire-6) von mindestens 1,5 aufweisen sowie bei Baseline einereduzierte Lungenfunktion(vorhergesagte Einsekundenkapazität [FEV1] vor Bronchodilatation unter80 % bei Erwachsenen und unter 90 % bei Jugendlichen) haben. Die Patienten mussten mit mitteloder hochdosierten inhalativen Kortikosteroiden (ICS) regelmäßig behandelt worden sein und mindestens ein weiteres Arzneimittel zur Asthmakontrolle, mit oder ohne orale Kortikosteroide (OCS), erhalten haben. Eine hohe ICS-Dosis war definiert als > 500 µg Fluticasonpropionat oder Äquivalent täglich. Eine mittlere ICS-Dosis war definiert als > 250 bis 500 µg Fluticasonpropionat oder Äquivalent täglich in PATHWAY und als 500 µg Fluticasonpropionat oder Äquivalent täglich in NAVIGATOR. Die Patienten setzten ihre Asthma-Hintergrundtherapie während der gesamten Studiendauer weiter fort.*
Zwei weitere Phase-3-Studien SOURCE (NCT03406078 – 23.01.2018, Update 09.12.2021 und DESTINATION (ID NCT03706079 – 15.10.2018, Update 06.06.2023), sowie eine Phase-2-Studie CASCADE (NCT03688074 – 28.09.2018, Update 21.02.2022) laufen aktuell.